Verleger zwischen Kunst und Philosophie

Heinz von Foerster

Ich bin seit mehr als 15 Jahren Verlegerin in einem ZweiPersonenVerlag namens Merve, der seit meinem Eintreten in den Verlag publizistisch umgeschwenkt ist von italienisch linksorientierten Diskussionspapieren zu französisch strukturalistischen Essays. Den großen Teil meiner Zeit verbringe ich sitzend mit der Lektüre von Texten. Deshalb ist auch in diesem Vortrag mein Hauptmedium die abgelesene Sprache.
An der einen Wand zeige ich eine Serie von ca. 80 Dias aus der Welt des Verlages, das Layout des Verlages, einzelne Buchcovers der verlegten Autoren, handschriftliche Briefe der Autoren, Autorenporträts, Personen aus dem Umfeld des Verlages, anderweitige, künstlerische Aktivitäten in den Verlagsräumen, und ein paar Bilder aus Berlin.
An der anderen Wand zeige ich Diagramme von Kybernetikern, die sich auf 10 Hauptbegriffe geeinigt haben und je nach Häufigkeit in ihrem eigenen Denken daraus Schaubilder gezeichnet haben. Was ich selber zu sagen habe ist nichts, ich bin gekommen mit Fragen.

Im Alltag stellen sich mir viele Fragen aus dem Bereich der Technik. Ich nenne jetzt zum Beispiel die Fragen, die sich mir nur an einem einzigen Tag stellten:
Warum brummt das im Video-Shop ausgeliehene Video auf meiner Stereoanlage, über die ich per Kopfhörer das Video anhöre?
Warum geht zur selben Zeit mein Autoradio kaputt und mein tragbares Radio-Kassetten-Gerät?
Warum paßt die Aufnahmekassette meines Anrufbeantworters in keinen meiner Kassettenrecorder, um darauf Musik aufzunehmen?
Warum nimmt mein Videorecorder alle Fernsehprogramme auf, nur nicht den einen Musiksender, den man noch nicht überall in der Stadt empfangen kann?

Was läßt sich aus diesen banalen Alltagsfragen ablesen? Daß ich, obwohl Ich ein sitzend lesender Mensch bin, umgeben bin mit lauter Technik?, oder daß ich mit Technik nicht ‘umgehen kann’? Oder daß die Technik nicht so will, wie ich will? – Diese mehr oder minder leicht entscheidbaren Fragen münden in meinem ersten Hauptfragenkomplex, den ich überschrieben habe mit:

Wohin wollen wir mit der Technik?
Vom hierarchischen, kontinuierlichen Denken zu einem multidirektionalen, sprunghaften Denken, wobei Homogeneität und Vielfalt gleich wichtig sind.
Wohin wollen wir mit der Technik, wenn wir die Imagination dabei verlieren?
Die Fülle, der Reichtum der heutigen technischen Möglichkeiten gleicht einer barocken Kathedrale, die in dem Maße überfrachtet ist mit Ornamenten und Verzierungen wie der Glaube abnimmt. Nur hatten die barocken Menschen ein festumrissenes Fundament, worauf alle Schnörkel ihres Handelns zurückbezogen waren, während der Reichtum des heutigen Technikers in einem weltumspannenden Netz besteht, das nicht erst die hierarchischen Höhen erklimmen muß, um von einem Punkt seines Handelns zum anderen zu gelangen. Das soziale Netz ist ein globales, aber ohne den Rückhalt und Schutz der alten gewachsenen Strukturen.

Für den Geschichtsverlust gewinnt der Techniker von heute die Gleichzeitigkeit, die Instantaneität und Ubiquität. Nur was fangen wir mit dieser Möglichkeit an, wenn der Wahrnehmungsapparat des Menschen mit dieser Entwicklung nicht Schritt hält? Mir scheint, daß die heute allseits entstehenden  technisch-künstlerischen Laboratorien ihr Interesse auf diese hinkende Wahrnehmungsfähigkeit des Menschen lenken sollte, so daß die technisch jederzeit machbare Gleichzeitigkeit auch auf eine jederzeit verfügbare Gegenwärtigkeit unsererseits trifft. Die alten Techniken zur Erlernung dieser Gegenwärtigkeit, dieser Präsenz, nennen wir Meditation.
Wenn es uns nun gelingt diesen spirituell medialen Raum den Medien von heute einzuhauchen, dann wissen wir wieder, wohin wir mit der Technik gehen wollen.
Soweit meine erste Hauptfrage, die eine gewisse Antiquiertheit des Menschen im Verhältnis zu den neuen Technologien impliziert. Im folgenden werde ich dazu die Blickwinkel von zwei Theoretikern referieren.

Mit dem Fortgang vom  Industriezeitalter zur Informationsgesellschaft geht einher eine zunehmende Entmaterialisierung und Deterritorialisierung. Diese haben wiederum mit der Entdeckung der Geschwindigkeit zu tun. Nach der Revolution des Transportwesens und nach der Revolution der Übertragungsmedien, stoßen wir jetzt mit den Echtzeitmedien an die absolute Grenze der Geschwindigkeit,  die Lichtgeschwindigkeit. Das heutige weltweite Netz der Informations- und Kommunikationstechnologien bringt nicht nur den Verlust des öffentlichen Raums und eine Funktionalisierung der Information mit sich, sondern hauptsächlich einen Funktionswandel des Menschen.

Wenn wir im 19. Jahrhundert noch von Evolutionen und Revolution sprachen, so sprechen wir im 20. Jahrhundert von Strukturen und Kombinationen. Das setzt aber eine Fragmentierung, eine Zersplitterung in Bruchstücke voraus, eine Auflösung der Grundelemente und eine allseitige Vervielfachung.
Jean Baudrillard spricht von einer Zersplitterung des Identischen beim fraktalen Subjekt, so daß jedes minimale Element wieder in ein umfassendes Netz aus Kommunikation, Information und Geschwindigkeit Eingang findet. Das hat zu tun mit der Ausdehnung des Menschen, mit der Verlagerung seiner Fähigkeiten nach Außen. Wir haben zum Beispiel ein Auto für die Beine und Hertzsche Wellen fürs Gehirn. Er nennt diese Auswüchse des Körpers Körperprothesen. So haben wir zum Beispiel das Gehirn zum Modell erhoben, um seine Funktionen besser handhaben zu können, desgleichen die DNS als Prothese im innersten jeder Zelle. Die medialen Ausdehnungen des Menschen, die Auswanderung der eigenen Techniken, diese Verpflanzung der eigenen Funktionen, haben letztlich den Menschen zum künstlichen Auswuchs seiner eigenen unzähligen Prothesen gemacht.
Baudrillard spricht in diesem Zusammenhang von der exzentrischen Dimension des Menschen. Baudrillard meint, daß die technische Verkünstlichung des Körpers unser wahres Begehren ist und daß es bei der Vervielfachung der Partialobjekte nicht darum geht, daß wir einen Körper haben, sondern daß der Körper an etwas angeschlossen ist. Zum Beispiel die Obsession, ans eigene Gehirn angeschlossen zu sein, und unser Interesse für dessen Milliarden Verbindungen und Arbeitsprozesse als solche. Wir sind quasi fasziniert vom Schauspiel des Denkens, wie es funktioniert, und wir benutzen die Künstliche Intelligenz als Prothese der Gattung, der das Denken abhanden gekommen ist. Mittels fortdauerndem Feedback und unaufhörlicher Interaktion treten wir in ein Zwiegespräch mit der Maschine, d.h. Mensch-Maschine bilden einen integrierten Schaltkreis. Dieses An-sich-Angeschlossen-Sein, diese Kurzschließung, hat den perversen Effekt, daß nur noch der Bildschirm wichtig ist und nicht mehr der Blick. Frei nach dem Motto: kein Auftritt ohne Kontrollbildschirm. Damit hat sich das Paradigma der sinnlichen Wahrnehmung vollständig verwandelt.
Baudrillard nennt es das Ende der ästhetischen Distanz. – Der Bildschirm des Computers und der mentale Bildschirm des eigenen Gehirns sind verflochten wie ein Möbiusband, wobei die Maschine nur das macht, wofür sie programmiert ist, während der Benutzer in Wirklichkeit alle Möglichkeiten des Programms erforscht.

So gesehen ist der Mensch nicht mehr das Subjekt, mit seiner Möglichkeit, die Welt zu erfassen, sondern das Objekt, mit der Bereitschaft, die Möglichkeiten der Maschine auszunützen. (Was am Beispiel der Fotokamera die Rückentwicklung des Sehens zum entpersönlichten Sehen des Apparates mit sich bringt.) Und die einzigen zugelassenen Spiele sind dabei Kombination und Kommutation. Aus der menschlichen Kommunikation des einen mit dem anderen wird die Kommutation, d.h. der Prozeß der Wechselwirkung des selben mit dem selben. Plastischer ausgedrückt: Liebe machen mit dem Bildschirm statt mit dem Gesprächspartner. Das nennt man eine Junggesellenmaschine.
Ich verweise hierzu auf den bahnbrechenden Ausstellungskatalog von Harald Szeemann mit dem Titel Junggesellenmaschinen aus dem Jahre 1975, dessen Übersetzung und Publikation im Japanischen nicht nur zu wünschen, sondern auch zu begrüßen wäre.

Zurück zu Baudrillard. Er meint, es gibt heute keine menschliche Handlung, die nicht danach strebt, virtualisiert zu werden, um in jene Software einzufließen und unendlich reproduzierbar zu werden im ewigen Kreislauf des Immergleichen. Und er meint, das Prinzip des Interface ist nichts anderes, als daß die virtuellen Maschinen und neuen Technologien mit dem Menschen einen integrierten Schaltkreis bilden. Diese Struktur der Angeschlossenheit oder Einschaltung ist nichts anderes als unsere Verbindung mit einem intelligenten Terminal, wobei die Stellung des Menschen exorbitant wird. Soweit Baudrillard zum Funktionswandel des Menschen an der Schnittstelle Mensch-Maschine.

Einen anderen Blickwinkel zur Schnittstelle Mensch-Maschine liefert Vilém Flusser. Er geht davon aus, daß der Mensch über eine genetische und kulturelle Speicherung von Information verfügt. Die genetische Speicherung ist z.B. wenn ich an der selben Stelle einen Leberfleck habe wie meine Großmutter. Die Bio-lnformationen werden kodiert, kopiert und weitergegeben. Fehlerhafte Kopien der Biomasse werden als nichtlebensfähige Mutationen ausgesondert oder gehen als Evolution in die Geschichte ein.
Unser Gedächtnis könnten wir als Informationsspeicher bezeichnen und eine Bibliothek als eine kulturelle Gedächtnisstütze. Die elektronischen Gedächtnisse sind nun nichts anderes als die Simulation der eigenen Gehirnfunktion, allerdings haben sie den Vorteil größerer Lagerkapazität, sind bequemer abrufbar und leichter zu löschen. Wir füttern diese elektr. Gedächtnisse ständig mit neuerworbenen Informationen, sogenannten Daten, dazu müssen sie umkodiert werden, zum Beispiel die alphabetische Schrift in einen alphanumerischen Code, d.h. wir müssen umdenken von einem Buchstabendenken in ein Zahlendenken, in ein kalkulatorisches Denken.
Die Funktion der Zahl nimmt eine Schlüsselstellung ein. D. h. wir kalkulieren, digitalisieren, komputieren. Das Denken ist dann keine Kausalkette mehr, sondern ein strukturelles, ein numerisches Denken. Bezogen auf die Philosophie würde das bedeuten, daß dann die Technisierung, d.h. die Mathematisierung des philosophischen Diskurses das eigentliche Ziel des Denkens ist. Wobei die wesentliche Umformungsarbeit darin besteht, die Zahlen wieder zu Gestalten zu synthetisieren. Und hier liegt der entscheidende Punkt, daß nämlich Gegebenheiten, sogenannte Daten transformiert werden in etwas künstlich Hergestelltes, sogenannte Fakten.
Erzeugt werden heute nicht mehr Abbilder von Gegebenem, sondern es werden Entwürfe verfertigt von noch nicht Verwirklichtem. Das heißt, die Wissenschaft im allgemeinen ist damit beschäftigt, veränderte Modelle auszuarbeiten. Prigogine würde sagen:
“Die Wissenschaft ist heute nicht mehr das Entdecken toter Formen, sondern hat Teil an der Schaffung der Welt.”
Es handelt sich also um eine konstruktive Wissenschaft, die fiktional wird. Und somit ist die Trennung zwischen Wissenschaft und Kunst hinfällig und wir können umgekehrt von der Kunst sagen, sie ist eine Variante der wissenschaftlichen Disziplin. Flusser geht aber noch einen Schritt weiter. Wenn wir mal nicht bei den elektonischen Gedächtnissen stehenbleiben, sondern sie mit automatischen Maschinen (Robotern) koppeln, dann können wir dadurch Informationen in Bewegung transkodieren und für Flusser nimmt dadurch die Funktion des Menschen einen anderen Stellenwert ein. Er sieht ein Maschinewerden des Menschen, eine Aufhebung des Menschen als Einzelwesen in ein Relais, als Knoten in einem Netz von Relaisfeldern. Anders als Baudrillard, für den das Überhandnehmen der Maschinen den Menschen exorbitant macht, zum Objekt macht, sieht Flusser eine Aufhebung von Subjekt und Objekt in eine Intersubjektivität, gesteigert durch die Maschinen zur Potentialität.

Anders gesagt: Mit der Verwandlung gegebener Daten in künstlich hergestellte Fakten, mit dem Kalkulieren und Synthetisieren, ist alles Wirkliche dann eine mehr oder weniger dichte Streuung von Punkten oder Bits: je dichter die Streuung, umso realer, umso potentieller. Wir als Menschen sind darin einbegriffen, wir sind, um es mit Flussers Worten zu sagen “ein Knoten von Möglichkeiten”. Und Flusser steigert sich in seiner unnachahmlichen Art zu der Schlußfolgerung, daß der Mensch als formal denkender Systemanalytiker und Systemsynthetiker nicht nur ein Künstler ist, der die Erkenntnis hinfort nicht mehr nach dem Wahrheitskriterium sondern nach ästhetischen Kriterien beurteilen wird, so daß der Mensch der Zukunft als dieser Knoten von Möglichkeiten, selber zum Projekt wird. Soweit Vilém Flusser zum Funktionswandel des Menschen an der Schnittstelle Mensch-Maschine.

Auch wenn im bisher Gesagten schon viel davon die Rede war, wende ich mich nun meiner zweiten Hauptfrage zu:

Was geschieht mit der Wahrnehmung heute?
Wie vielen Menschen begegnen wir an einem Tag, wer ruft uns an, welche Radiosendungen wir hören, wieviel Fernsehsendungen sehen wir, welche Texte lesen wir ?
Ich behaupte, der tägliche InPut eines heutigen Großstadtmenschen ist zu hoch: nicht nur im Verhältnis zu seinem OutPut (der Mensch kann ja nicht Output liefern, während er Input aufnimmt), sondern auch im Verhältnis zu seiner Verarbeitungskapazität. Die Entwicklung der Technologien und der Verhaltensweisen treten auseinander. Welche Perspektiven einer anderen Ästhetik, einer anderen Wahrnehmung können wir entwickeln?

Ich gehe davon aus, daß wir heute noch nicht wissen, wie das Gedächtnis, das Gehirn funktioniert. Trotzdem reden wir unablässig vom elektronischen Gehirn oder dem Gedächtnis der Maschinen, wobei Maschinen und Organismen in einem Atemzug genannt werden. Die Frage, die sich dabei aufdrängt ist doch, ob die Korrelation von menschlichem Wahrnehmungsapparat und Maschinenfähigkeit überhaupt zulässig ist?
Deleuze/Guattari definieren zunächst einmal eine Maschine als eine metrische Mannigfaltigkeit, d.h. auch wenn das Intervall zwischen 0 und 1 sehr klein ist, so kann es doch gemessen werden und durch eine zählbare Menge von Einschnitten ausgedrückt werden. Demgegenüber definieren sie den menschlichen Wahrnehmungsapparat als eine nicht-metrische Mannigfaltigkeit.
Bereits 1948 hat der Biophysiker Heinz von Foerster eine quantenphysikalische Untersuchung des Gedächtnisses veröffentlicht mit einigen numerischen Schlußfolgerungen. Dabei ist interessant, daß die Hauptbegriffe für die physiologische Theorie mentaler Aktivität die der Rückkopplung, der Geschlossenheit und der Zirkularität sind. Und nun frage ich sie, was ist das denn anderes als ein integrierter Schaltkreis? Die von Heinz von Foerster und anderen beschriebenen kausalen Rückkopplungsmechanismen in biologischen und sozialen Systemen, die man wohl gemeinhin auch als kybernetische Systeme bezeichnen kann, bekommen erst den richtigen Dreh, wenn man die Forscher in diesen Kreislauf mit einbezieht und stets fragt: woher wissen wir denn, was wir wissen?

Die Vorstellung über Wahrnehmung ändert sich radikal, wenn wir die Welt nicht mehr von außen betrachten wie durch ein Guckloch, sondern wenn wir sagen, wir sind  Teil des Universums. Im ersten Fall ist der Betrachter vom Betrachteten getrennt und glaubt dadurch so etwas wie Objektivität seiner Sichtweise der Dinge zu erzielen, denn Objektivität meint, daß die Eigenschaften des Beobachters nicht in die Beschreibung eingehen dürfen. Wie kann ich aber eine unterscheidende Beobachtung treffen, wenn ich meine Beobachtereigenschaften ausschließe?
Im zweiten Fall, wenn wir davon ausgehen, daß wir Teil des Universums sind, findet eine Bezugnahme auf die Welt statt, die sich dadurch ändert, daß wir sie betrachten. Wenn man nun Beobachter beobachtet, so liegt die Paradoxie darin, daß man selbst kein externer unbeteiligter Beobachter ist; und dies ist die Kybernetik zweiter Ordnung, die Kybernetik der Kybernetik. Es bleibt immer ein blinder Fleck, auch bei den vernetzten Beobachtern, die diesen Sachverhalt zu mindern suchen. Es bleiben selbstreferentielle, autopoietische Systeme. Und hier liegt ein Zirkelschluß vor, aus dem ich keinen Ausweg weiß.

Ich komme zum Schluß. Die von Heinz von Foerster und anderen entwickelte Kybernetik zweiter Ordnung ist nach derzeitigem Erkenntnisstand eine zutreffende Wahrnehmungstheorie. Aber sie ist eben nicht nur eine Theorie, wie allseits in der heutigen Informationsgesellschaft zu beobachten. In der Informationsgesellschaft wächst ja die Bewußtseins-Industrie schneller als andere Sektoren der Produktion. Die Produktion von Sinn, Zeichen, Botschaften hat mit den Massenmedien ein gigantisches Ausmaß angenommen. Die massenhafte Teilnahme an diesen Distributionsmedien zeigt sich an der wachsenden Zahl der Privatsender und am Kampf um die Frequenzen.
Aber auch Konsum-Güter wie Kleidung und Mode sind Massenmedien, insofern sie Träger von Botschaften sind. Die gesamte Warenzirkulation wird zu Zeichen neutralisiert. Ihre Funktion ist die sofortige Verallgemeinerung von Information, mit ihrer Verkettung ins Unendliche. Es kommt zu einer Erzeugung von Kettenreaktionen, die durch die beschleunigte Zirkulation der Systeme produziert wird. Dieser dynamische Vorgang verselbständigt sich und was wir heute alle erleben ist eine wachsende Instabilität, die durch immer neue Schaltkreise nur noch beschleunigt wird.
Und nun frage ich Sie: Wer zieht die Notbremse oder welche Perspektiven einer anderen Wahrnehmung können wir entwickeln?

Vortrag, Japan, Mito: 25.4. 1993; Italien, Bologna: 17.6. 1994

Ab- und Zufälle III von Ellen Mund, Berlin 1995, S. 56-67;
Peter Gente (Hrg.): Für Heidi, 2003