Inhalt

Evelin Bömeke • Die Welt der Farben
Jochen Stankowski • Meine nordafrikanische Palette
Stephanie Röhe/Evelin Bömeke • Bon appetit!
Peter Handke • Farbenlehre
Dagmar Nicolas •Theorot
Evelin Bömeke • Ein kleiner Pollock
Stephanie Röhe • Sternhagelblau
Dagmar Nicolas • Rot ist ein Gefühl
Evelin Bömeke • Rotkäppchen
Stephanie Röhe • Rouge
Ernst Jünger • Die rote Farbe
Stephanie Röhe • Rot von früh bis spät
Evelin Bömeke • Unser täglich Rot

Appetitanreger

Appetitzügler

creme

käseweiß

champagner

kreidebleich

vanille

totenbleich

honig

zahnbelaggelb

citron

quittengelb

safran

eitergelb

apricot

pissgelb

mandarin

quietschgelb

orange

schweinchenrosa

lachs

puterrot

hummer

scharlachrot

bordeaux

pavianrot

burgunder

schimmelblau

brombeer

giftgrün

aubergine

gallegrün

pflaume

kotzgrün

mint

kackbraun

apfel

mausgrau

kiwi

pechschwarz

pistache

mandel

oliv

cognac

caramel

nougat

zimt

kastanie

nußbraun

mocca

Peter Handke: Die Farbenlehre

In M. ist ein Kind von einem Unbekannten im Auto mitgenommen und später mit einem Hammer auf den Kopf geschlagen worden:

Der Junge sagt, er sei von einem Mann in einem GRÜNEN Auto mitgenommen und mit einem Hammer mit ROTEM Griff geschlagen worden. Um auf der Toilette auszutreten, sei er mit dem Mann in eine Wirtschaft gegangen, in der die männlichen Angestellten ROTE Jacken und SCHWÄRZLICHE Hosen getragen hätten, und in der Toilette habe eine Frau mit WEISSEN Haaren gesessen und an GRAUEN oder BRAUNEN Socken gestrickt. Der Mann habe sich mit einer ROSA Seife die Hände gewaschen, und in der Wirtschaft sei ein DURCHSICHTIGES Regal gewesen, in dem GOLDENE Nüsse und GELBE Kartoffelchips ausgestellt waren. Der Mann habe ihm GELBE Limonade gekauft und im Auto, um ihn zum Lachen zu bringen, eine GRÜNE Luftmatratze aufgeblasen und ihn in einen Neubau geführt und dort vor einer WEISSEN Wand ziemlich lange die Notdurft verrichtet. Der Mann habe einen Hut mit einem SILBERNEN Abzeichen getragen, das an den Rändern SCHWARZ gewesen sei, und habe in einem ROTEN Haus den Hammer mit dem ROTEN Griff geholt und sei sehr groß gewesen und habe ihn mit ziemlich HELLEN Augen FINSTER angeschaut:

Aristoteles sagte, den Zustand des Raums um uns, wenn wir mit offenen Augen keine Gegenstände erblickten, nennten wir FINSTERNIS, und Goethe (sagte), wir sähen das einfache GRÜN einer frisch gemähten Wiese mit Zufriedenheit, ob es gleich nur eine unbedeutende Fläche sei, und ein Wald tue in einiger Entfernung schon als große EINFÖRMIGE Masse unserem Auge wohl:

Der Mann habe ihm versprochen, er gehe mit ihm auf eine Wiese, um dort Maulwürfe zu fangen, und in den Wald, um dort Hasen zu schießen: sagte das Kind. – Auf dem Weg in den Wald seien sie an einer Dachrinne vorbeigekommen, unter der das Pflaster SCHWARZ gewesen sei, und auf einer Wiese habe sich der Mann mit einem GELBEN Kamm, den er einer ebenso GELBEN Plastikhülle entnommen habe, die Haare hinter die Ohren gekämmt, und am Waldrand habe ein Strauch mit ziemlich SCHWARZEN Knospen gestanden. Im Wald Habe es der Mann VIOLETTES Wasser in einem Baumloch riechen lassen und ihm unter einem Gebüsch, weil es schneite, BUNTE Heiligenbilder gezeigt und sei mit ihm über einen SCHWARZEN Bach gesprungen und habe ihm im Dickicht eine ROTE Narbe am Bauch und ein WEISSES Stecktuch und in einer Baumwurzel die Reste eines Vogel mit GELBEM Schnabel und eine SCHIMMERNDE Haarspange und im Finstern eine LEUCHTENDE Armbanduhr gezeigt und habe ROTE Sockenhalter getragen, die das Kind gesehen habe, ssoft sich der Mann hinhockte und sich im SCHNEE die FLECKIGEN Finger abwusch:
Das Kind hat die Schuhe verloren. Es handelt sich um Halbschuhe Größe 28, SCHWARZ.

Aus: Peter Handke,  Die Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt, Frankfurt/M. 1969

Purpurtrunken

Mauve

Umbrabraun

caput mortuum

Kohlenschwarz

Schwarzblaubraun

Dunkelblau

Theorot

Nachtrot

Wolkenloses Blau

Ockergrau

Knusperbraun

Dagmar Nicolas: Rot ist ein Gefühl

Wenn man Farben nicht definieren kann, wenn sie für jeden etwas anderes bedeuten, was soll man sich dann zu “Rot” (als Aufgabe/Thema) einfallen lassen?!
Zumal mich ein bloßer Farbton zu nichts inspiriert und ich meine spontaneren Assoziationen (Liebe, Mund, Blut) eher als “platt” bezeichne und daher sofort verwerfe. Es gibt allgemeine Begriffe, die man also sofort mit “Rot”  verbindet, aber was kann “Rot” erklären, repräsentieren? Rot ist ein Gefühl.

Ich kann mich fragen, was macht es für den Betrachter für einen Unterschied, einen roten Kreis, ein rotes Viereck oder Reineck zu sehen? Sofort fällt mir zu Rot Gelb und Blau ein. Also hatte ich das Bedürfnis, eine kleine gelbe und eine kleine blaue Fläche auf ein A4-Papier zu malen (überraschenderweise malte ich das gelbe sofort größer als das blaue, da sie nicht nebeneinander lagen) und dann den Rest des Blattes mit roter Farbe auszufüllen, weil e ja um “Rot” geht und um Endfarben im Copyshop und die Beeinflussung der Farbe Rot durch andere Farben in der Farbkopie.

Interessant ist der Gedanke, daß die Vorstellung von Farben immer an Formen festgemacht ist. Etwas zu, mit Rot zu machen, bedeute sich festzulegen, konkret zu werden. Subjektiv. Durch die Auswahl eines bestimmten Rottons ist noch nicht einmal gegeben, daß jeder dasselbe “Kadmiumrot” oder “Zinnoberrot” sieht. Eine rote Fläche wird von jedem anderes rot gesehen.

Gibt es ein objektives Rot? Beim dem Wort “Rot”, der Aufforderung, sich Rot “zu denken”, hat jeder die Freiheit, sich sein Rot vorzustellen. Bei der Betrachtung einer Fläche eines bestimmten Rottons ist die Imagination eines subjektiven Rot sofort gestorben.

Ein Bild in der Art malen nach Farben mit einer Anleitung für die Farbwahl der Flächen, so die verschiedenen Farbflächen “nur bezeichnen”, würd dem Betrachter die größtmögliche Freiheit der Farbvorstellung schenken, letztendlich wäre es aber ein schwarz-weißes Bild, dem die Ausstrahlung fehlt, die ein wirklich farbiges Bild besitzt, und somit auch keine Emotion/Vorstellung beim Betrachter auslöst.

Entscheidend ist das Gefühl, das eine Farbe auslöst. Also könnte man bestenfalls theoretisch etwas zum Thema Rot machen, da jede Rotvorstellung beim Menschen anderes ist und somit unterschiedliche Gefühle hervorruft. Eine Farbe wird belegt mit Gefühlen, aber gibt es so etwas wie eine objektive Wahrnehmung von Rot? Hat die Farbe Rot ein eigenes Gefühl, kann sie individuell, mit roter “Farbseele” nur als Fläche “Existieren”? Eine gemalte rote Fläche hat mehr Kraft als das Wort Rot auf einem weißen Papier, da es Gefühl auslöst, man eine rote “Farbseele” spüren kann.

Evelin Bömeke: ROTkäppchen oder

to be or ROT to be

Es war einmal ein süßes kleines Mädchen in EuROTa, das alles durch die rosaROTe Brille sah, und das ROT um die Uhr. Jeder mochte die Kleine gern. Die Großmutter schenkte ihr ein Käppchen aus ROTem Samt, weil sie das Kind so lieb hatte, daß sie gar nicht wußte, was sie ihm alles geben konnte. Das ROTe Käppchen stand dem Mädchen so gut, daß es nichts anderes mehr tragen wollte. Überall hieß es nur noch das ROTkäppchen. So weit, so ROT.

Eines ROTen Tages sagte die Mutter zu ROTkäppchen:
“Komm, ROTkäppchen, hier hast du ein Stück Kuchen und eine Flasche ROTwein. Bring das der Großmutter, sie ist krank und schwach und wird sich daran laben. Sei aber hübsch artig und grüß sie von mir. Weich nicht vom Wege ab, sonst fällst du hin und zerbrichst die Flasche, dann hat die kranke Großmutter nichts.”
Nach diesen mütterlichen ROTschlägen sagte ROTkäppchen: “Ja, ich will alles gut ausrichten” und versprach’s der Mutter in die Hand, schließlich war es ein echtes Mädel aus ROT und Korn.

Die Großmutter aber wohnte draußen im Wald, eine halbe Stunde vorn Dorf entfernt. Als nun ROTkäppchen in den Wald kam, begegnete ihm ein Wolf, von dem es nicht wußte, was er für ein böses Tier war. Also sah das Kind keineswegs ROT.
“Guten Tag, ROTkäppchen!” grüßte der Wolf, “Wo willst du denn hin, so früh am Morgen?” ‑
“Zur Großmutter”, antwortete ROTkäppchen. Der Wolf fragte weiter: “Was hast du da unter der Schürze versteckt?” ‑ “Kuchen und Wein für die kranke und schwache Großmutter.” ‑  “Wo wohnt deine Großmutter?” Das Mädel sagte: “Noch eine gute Viertelstunde im Wald, unter den drei großen Eichen, da steht ihr Haus.”
Der Wolf dachte bei sich: “Das junge, zaROTe mädchen, das ist ein fetter Bissen, mal was ganz anderes als ROT Dogs. Wie fängst du’s nur an, dir heute dein täglich R0T zu verdienen?”

Er ging ein Weilchen neben ROTkäppchen her. Dann lockte er ohne großartige ROTorische Ausschweifungen: “ROTkäppchen, sieh ‑ all diese schönen Blumen, die hier im Wald stehen. Warum guckst du dich nicht um? Ich glaube, du hörst gar nicht, wie lieblich die Vögeln singen!”
Eigentlich war im Wald total ROTe Hose.
Doch ROTkäppchen schlug die Augen weit auf, und als es sah, wie die Sonne durch durch die Bäume leuchtete und alles voller ROTer Blumen war, dachte es:
“Wenn ich der Großmutter einen Strauß mitbringe, freut sie sich ganz bestimmt. Außerdem ist es noch früh. Ich komme also trotzdem rechtzeitig.”
So sprang die Kleine ins Dickicht und pflückte Blumen. Dabei lief sie immer weiter und weiter in den Wald hinein.
Der Wolf aber lief schnurstracks auf das Haus der Großmutter zu und klopfte an die Tür.
– Wer ist da? fragte eine Stimme.
– Das ROTkäppchen, ich bring dir Kuchen und Wein. Mach mir auf!
– Die Türe steht offen. Ich kann nicht aufstehen.

Der Wolf drückte die Klinke und trat ein. Er hielt es nicht für ROTwendig, etwas zu sagen, sondern stürzte ans Bett der kranken Alten, verschlang diese, zog deren Kleider an und setzte deren Haube auf. Nachdem er die Vorhänge zugezogen hatte, legte er sich ins Bett.

ROTkäppchen aber war herumgesprungen, und als es so viele Blumen gepflückt hatte, wie es kaum noch tragen konnte, fiel ihm die Großmutter wieder ein, und es machte sich auf den Weg zu ihr. Als es am Hause ankam, fand es gROTesk, daß die Tür sperrangelweit offenstand. Es ging in die Stube: Darin sah es so seltsam aus, daß es ROT sah. Sie dachte: “Mir wird ganz ängstlich zumute, dabei bin ich sonst so gern hier.” Zögerlich ging die Kleine zum Bett und zog die Vorhänge zurück. Da lag die Großmutter, die Haube tief ins Gesicht gezogen, und sah in der Tat wunderlich aus.
– Großmutter, was hast du für große Ohren?, fragte ROTkäppchen.
Damit ich dich besser hören kann!
– Großmutter, was hast du für große Augen?
Damit ich dich besser sehen kann!
– Großmutter, was hast du für große Hände?
Damit ich dich besser packen kann! 
und schließlich,
– Aber, Großmutter, was hast du für ein entsetzlich großes Maul?
Damit ich dich besser fressen kann!

Kaum hatte dies der Wolf gebrüllt, sprang er aus dem Bett auf das arme ROTkäppchen und verschlag es.
Als der böse Wolf den “fetten Bissen” im Bauch hatte, legte er sich wieder ins Bett, schlief ein und fing an, überlaut zu schnarchen.
Draußen ging gerade der Jäger vorbei und wunderte sich: “Wie kann die alte Frau so schnarchen? Du mußt schauen, ob ihr etwas fehlt.”
So trat er in die Stube und erblickte im Bett den Wolf, den er schon lange gejagt hatte, und wollte das Tier sogleich erschießen.
Doch grad noch ROTzeitig fiel ihm ein, daß der Wolf die Großmutter vielleicht gefressen haben könnte. Also schoß er nicht, sondern nahm eine Schere und schnitt dem schlafenden Wolf den Bauch auf. Kaum hatte er ein paar Schnitte getan, da sah er das ROTkäppchen leuchten.
Der Jäger schnitt noch etwas weiter, und schon sprang das Mädchen heraus und rief: “Ach, wie bin ich erschrocken; es war so dunkel in seinem Bauch”.
Auch die Großmutter wurde geROTtet. ROTkäppchen holte große, schwere Steine. Damit füllten sie den Leib des Wolfs. Als dieser erwachte, wollte er sich aus dem Staub machen, doch die Steine war so schwer, daß er sogleich niedersank und ROT umfiel.
Da waren alle drei vergnügt. Der Jäger nahm den Pelz des Wolfs, die Großmutter aß den Kuchen und trank den Rotwein, den ROTkäppchen gebracht hatte, und ROTkäppchen dachte sich: “Du willst nie wieder allein vom Weg ab in den Wald laufen, wenn’s die Mutter dir verboten hat.”

Ebenso wird erzählt, daß eines ROTen Tages, als ROTkäppchen wieder mit Kuchen und Wein auf dem Weg zur Großmutter war, ein anderer Wolf das Mädchen vom Weg abbringen wollte. ROTkäppchen aber hütete sich und wich nicht vom Weg ab. Sie erzählte der Großmutter von der Begegnung mit dem Wolf.
“Komm!” sagte die Großmutter, “wir wollen die Türe zuschließen, damit er nicht herein kann.”
Bald darauf klopfte der Wolf und rief: “Mach auf, Großmutter, ich bin das ROTkäppchen, ich bring dir Gebackenes”.
Die beiden aber schwiegen und öffneten nicht. Da schlich das Tier etliche Male ums Haus und sprang schließlich aufs Dach. Dort wollte es waren, bis das ROTkäppchen abends nach Hause ging, um ihm nachzuschleichen und es in der Dunkelheit zu fressen. Doch die Großmutter merkte, was der Wolf im Schilde führte und dachte: “ROT mach erfinderisch!”
Vor dem Haus stand ein großer Steintrog. Da sprach sie zu dem Kind: “Hol den Eimer, ROTkäppchen, gestern hab ich Würste gekocht, trag das Wasser, worin ich sie gekocht, in den Trog!”
ROT
käppchen trug solange, bis der Trog ganz voll war: Nun stieg der Geruch der Würste dem Wolf in die Nase. Er schnupperte und sah hinunter. Endlich machte er den Hals so lang, dass er sich nicht mehr halten konnte und zu rutschen begann. So rutschte er vom Dach direkt in den Trog und ertrank.
ROTkäppchen ging fröhlich nach Haus. Nun hielt es niemand mehr für ROTwendig, dem Kind etwas zuleide zu tun.

frei nach den Gebrüdern Grimm

Ernst Jünger: Die rote Farbe

Wir haben Gründe, mit der roten Farbe behutsam umzugehen. Sie tritt im gleitenden Strome des Lebens spärlich hervor, aber erglüht in seinen Spannungen. Sie deutet das Verborgene und das zu Verbergende oder zu Hütende an, insbesondere das Feuer, das Geschlecht und das Blut.
Wo das Rot daher plötzlich erscheint, ruft es ein Gefühl der Betroffenheit hervor wie die roten Fähnchen, mit denen man die Wege zu Steinplätzen versperrt. Überhaupt bezeichnet es die Nähe der Gefahr, so sind die Schluß- und Warnungslichter unserer Fahrzeuge rot. Besonders gilt das für Feuersgefahr; rot bemalt sind die Feuermelder und Hydranten, ebenso die Wagen, in denen man entzündliche Flüssigkeiten oder Sprengmittel verschickt. Mit dem wachsenden Bedarf an Brenn- und Treibstoffen überzieht sich die Welt mit einem Netz von flammend roten Kiosken – schon dieser Anblick allein würde einen Fremdling belehren, daß er sich in explosiven Landschaften befindet, in einem Zeitalter, in dem Uranos zu herrschen beginnt.

Das seltsame Doppelspiel, das die Welt der Symbole belebt, bringt es mit sich, daß diese Farbe zugleich drohend und anreizend wirkt. Sehr schön kommt diese Wirkung in den roten Beeren zum Ausdruck, mit denen der Jäger die Sprenkel und Dohnen besteckt. Bei cholerischen Tieren wie dem Truthahn oder dem Stier tritt die Berückung in ihrer zwingendtsen Form, der Blendung, hervor. Auch gibt es ein menschliches Temperament, das durch ein brennendes Rot, etwa gewisser Tulpen-Arten, bis zum Schwindel ergriffen wird.

Diese vordingliche, anziehende Wirkung der roten Farbe läßt sie besonders geeignet erscheinen zur Bezeichnung von Dingen, denen der erste Zugriff zu gelten hat. Meist wird auch hier das Gefährliche einspielen, wie bei den Verbandskästen, den Rettungsringen oder den Notbremsen. Zuweilen handelt es sich auch um die abstrakte Beschleunigung, so bei den roten Zettelchen, mit denen die Post die Eilbriefe beklebt.
Sehr deutlich tritt der zugleich drohende und werbende Charakter dort hervor, wo diese Farbe in die geschlechtlichen Beziehungen einschneidet. Hier gibt es eine beklemmende Skala vom düster glimmenden, fast auf den Tastsinn gestimmten Licht, das den Flur eines verrufenen Hauses erhellt, bis zur grellen, unverschämten Fleischfarbe der Läufer und Vorhänge in den Aufgängen der großen Spiel- und Lusthöllen.
Im Lippenrot, an den Nüstern und Fingernägeln enthüllt sich die Farbe der inneren Haut. Auch das Futter der Kleider denken wir uns rot, und wir lieben es, daß diese Grundfarbe hervorleuchtet, wo der äußere Stoff geschlitzt, oder wo er umgeschlagen ist. Das ist der Sinn der roten Aufschläge, Krempen, Kragen, Biesen und Knopflöcher, aller roten Dessous; auch das Innere der Betten unter den Bezügen ist rot. Diese Vorstellung dehnt sich auch auf das Innere der Räume und Häuser aus, und zwar mit einer besonderen Beziehung zur Pracht, so tritt man in Prunksäle durch rote Vorhänge ein und schiebt bei Empfängen rote Teppiche bis zur Auffahrt vor. Gern schlägt man das Innere von Etuis und Futteralen, in denen man Geschmeide aufbewahrt, mit roter Seide aus.

Unter den anderen Farben vermehrt das Gelbe die vom Roten ausstrahlende Unruhe; die rot und gelbe Musterung ruft unbehagliche, flammende Empfindungen hervor. Bösartiger noch wirkt das Rot in Verbindung mit Schwarz, während es durch die grüne Farbe am meisten gemildert wird. Ein grüner Grund vermag es sogar aufzuheitern, wie der grüne Rasen das rote Tuch der Jagdröcke, obwohl auch hier die Verbindung zum Blut nicht fehlt. Dämpfend wirkt auch das Grau, aber stark tritt die Blutseite durch den Gegensatz vom Weißen hervor, etwa im Verhältnis von Schminke und Puder, von Wunde und Verband, von Blut und Schnee. Das prunkhafte Mächtige wird durch Verbindungen mit dem Golde betont. Zugesetzt führt das Weiße dem Lieblichen, das Schwarze dem Stolzen und Schwermütigen zu. Den reinen Scharlachtönen haftet eine sanguinische Leere an; sie legen dem Gemüt, wie der Anblick von Feuerwerken und Wasserfällen, die Fessel der Bewegung auf. Merkwürdig ist das Bestreben, schwarze Blüten zu ziehen, aus denen die letzte Spur von Rot durch Züchtung herausdestilliert werden soll. Dies ist der Stein der Weisen in der Gärtnerei, und in der Tat muß jede Art der Wissenschaft dem Roten abhold sein.

Auf jeden Fall geht man ein Wagnis ein, wenn man die rote Farbe trägt, und man pflegte sie daher meist so zu zeigen, als ob sie durch irgendeine Unordnung sichtbar geworden sei, durch Öffnungen und Risse hindurch oder als verschobener Saum. Wer sie in großen und offenen Flächen trägt, befindet sich im Besitze tödlicher Macht, so die obersten Richter, die Fürsten und Feldherren, aber auch der Henker, dem das Opfer überliefert wird. Ihm ist der schwarze Mantel angemessen, dessen rotes Futter nur im Augenblick der Streichens sichtbar wird.

Die rote Fahne des Aufruhrs deutet die innere Seite oder den elementaren Stoff der Ordnung an. Sie ist daher kein eigentliches Abzeichen, sondern tritt mit dem Feuer der Brände und dem vergossenen Blut an jeder Stelle hervor, an der die gewobene Hülle zerreißt. Zuweilen quillt der rote Urstoff hervor, und es scheint, daß er die Welt zu überfluten gedenkt. Dann aber tritt er, sich selbst verzehrend, wieder zurück und bleibt nur in der caesarischen Toga bestehen.

Ernst Jünger: Das abenteuerliche Herz, Hamburg 1938/42

Im Osten ging das Rot schon auf.
Im Blut, da hält es seinen Lauf.
Im Rotwein will es untergeh’n.
Im Dunkeln ist es nicht zu seh’n.

Evelin Bömeke: Unser täglich Rot

gr

ROT

esk

p

ROT

ektion

ROT

is

neu

ROT

isch

p

ROT

agonist

p

ROT

z

dide

ROT

g

ROT

te

p

ROT

okoll

ROT

ation

t

ROT

t

ka

ROT

te

e

ROT

ik

b

ROT

ROT

ation

p

ROT

hese

pier

ROT

p

ROT

amin

lanza

ROT

e

ta

ROT

p

ROT

eus

ma

ROT

te

t

ROT

tel

sch

ROT

t

ROT

tweiler

p

ROT

est

sch

ROT

p

ROT

ein

p

ROT

on

ROT

terdam

ROT

Kunsthochschule Kassel SS 1997
FB 23 Visuelle Kommunikation
Gastprofessur: Heidi Paris (Datei)